Von den Glücks-Spitzen

Großspitz-Zucht

Der deutsche Spitz, von jeher volksverbunden,
genügsam, kernig, wetterfest, geschwind,
zählt mit zu jenen edlen Rassehunden,
die ein Geschenk der Allmacht an uns sind!

 Die Zukunft der Großspitz-Zucht

Ich habe ein Faible für schwarze Hunde und war folglich auf der Suche nach einem schwarzen Großspitz. Dabei wurde mir bald sehr deutlich bewusst, dass durch die Farbreinzucht im Verein für Deutsche Spitze nicht nur die Großen Braunen so gut wie ausgestorben sind, sondern dass auch bei den weißen und ganz besonders bei den schwarzen Großspitzen ein erschreckender Grad an Inzucht „erreicht“ ist und die Varietät kurz vor dem Aussterben steht (Rote Liste). Denn seit 1959 sieht der Standard im VfDSp vor, dass es Großspitze nur noch in den Farben schwarz, weiß und braun geben darf, wobei auch noch Verpaarungen zwischen schwarz und weiß nicht mehr erlaubt waren ebenso wie Verpaarungen mit Wolfspitzen – alles bis dato übliche züchterische Praxis. (Offene Briefe an den VDH)

Zum Glück lernte ich aber auch ZüchterInnen kennen, die mit viel Engagement neue – oder vielmehr alte – Wege der Spitzzucht beschreiten; da das im VfDSp/VDH nicht möglich war, haben sie sich in der „Interessengemeinschaft Spitz“ im IHV (Internationaler Hundeverband) zusammengeschlossen, wo auch ich einige Jahre Mitglied war.

Der Großspitz, der als „Allrounder“ zu den unterschiedlichsten Tätigkeiten befähigt ist und durch seine Wachsamkeit, Robustheit und Standorttreue besticht, darf auf keinen Fall aussterben, nur weil sein Fell nicht die „richtige“ Farbe hat! Und warum soll die bunte Vielfalt, die man bei Zwerg-, Klein- und Mittelspitz so hübsch findet, nicht auch die Großen schmücken?

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 bunte „Smiling Suncoats“ im Alter von 3 Tagen    –         und 5 Monaten

Dazu schreibt die Interessengemeinschaft Spitz im IHV:

Unser Ziel soll es sein, den Deutschen Spitz in seinem Urtyp zu erhalten und seine Farbvielfalt wieder zu gestatten, sowie in der Wolfsspitzzucht den alten Typ wieder zu favorisieren, wie er früher auf den Bauernhöfen zu finden war. Der Deutsche Spitz ist unserer Meinung nach als Kulturerbe zu sehen, war er doch sehr weit verbreitet.
Die Zuchtbestimmungen müssen eine Zusammenarbeit mit den Züchtern der östlichen Nachbarländer ermöglichen, da gerade dort der Spitz in seinem Urtyp noch zu finden ist. Bereits jetzt können wir Deckrüden aus hervorragenden tschechischen und ungarischen Zuchten einsetzen. Dieses Zusammenwirken möchten wir intensivieren.

Unsere erste Prämisse ist es, die Inzucht, die nicht nur bei den Spitzen ein Problem darstellt, zu verhindern! (s. auch „Genetik – Die Tücke des Zufalls“) Dazu ist viel züchterischer Mut gefragt, ist es doch viel leichter, den ausgetretenen Pfaden zu folgen und die Hunde und deren Besitzer die Folgen von Inzucht ausbaden zu lassen. Denn der dadurch entstehende Genverlust hat mit Sicherheit negative Auswirkungen auf die Gesundheit, Fruchtbarkeit und Vitalität der Hunde!  Aber auch wir können natürlich nur mit den schon vorhandenen Hunden züchten, die häufig einen recht hohen Inzuchtwert aufweisen, und tun unser Bestes, um die Spitze wieder aus dieser Sackgasse zu führen.

Wir stützen uns in unserer züchterischen Arbeit auf verschiedene wissenschaftliche Arbeiten, die sich mit der Zucht in kleinen Populationen auseinandergesetzt haben, und haben dies in einem Zuchtprogramm schriftlich festgehalten.

Es wurden zudem deutsche Zuchtbücher der späten 1930er Jahre und der späten 1940er Jahre gründlich durchgearbeitet, diese haben uns die Zuversicht gegeben, dass rassetypische Spitze gezüchtet werden können, wenn man die Varietäten gezielt verpaart und die modisch bedingte Farbreinzucht aufhebt. Immerhin wurde der Spitz in unseren Regionen seit Jahrhunderten gezüchtet und das nicht schlecht.

Wir verwenden zudem eine Software, die von der Tierärztlichen Hochschule Hannover entwickelt wurde, um die Zucht in kleinen Populationen zu optimieren.

Nicht zuletzt entscheidet aber der Käufer über das Aussterben oder Überleben des ursprünglichen Typs des deutschen Spitzes!

Die bisherigen Erahrungen zeigen aber, dass viele Käufer sich mit unseren Zielen identifizieren und unter Umständen auch eine gewisse Wartezeit auf ihren Welpen in Kauf nehmen. Dies berührt uns sehr und bestärkt uns, diesen nicht ganz einfachen Weg weiter zu gehen.

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Seit 2016 sind wir zusammen mit einigen anderen befreundeten ZüchterInnen intensiv darum bemüht, in einem kleineren Verein  Zuchtstrategien umzusetzen, mit deren Hilfe sowohl die Inzucht minimiert als auch der Genpool wieder aufgefüllt werden soll. Und für die Großspitz-Zucht ist es inzwischen ja 1 Minute vor 12, da muss schnell gehandelt werden, wenn die Varietät nicht aussterben soll! Standard Deutscher Spitz

Auch in anderen Vereinen/Verbänden gibt es verantwortungsvolle Züchter, die die gleichen Ziele verfolgen wie wir: Barbara Tuschl, Großspitze vom Winner Jurameer, schreibt:

Liebe Großspitz-Freunde,

der Großspitz ist eine vom Aussterben bedrohte Rasse. In den letzten Jahren haben sich viele Züchter und Rasse-Freunde dafür eingesetzt, etwas gegen diese Tatsache zu tun. Es gibt immer mehr Begeisterte, die sich beteiligen möchten, die Rasse in ihrer ursprünglichen Art und Vielfalt zu erhalten.
Aufgrund des kleinen Genpools ist es für Züchter nicht immer leicht, der Verantwortung, die wir dieser wundervollen Rasse schulden, auch nachzukommen. Daher ist es um so erfreulicher, dass sich der Großteil der Züchter engagiert und mit züchterischer Geduld dieser Aufgabe stellt. Durch diesen Einsatz wurde in den letzten Jahren schon viel erreicht.
Leider gibt es aber auch immer wieder Züchter, denen es weniger um den Erhalt der Rasse geht, und die fern jeglicher ethischer Verantwortung auf den Verwandtschaftsgrad der Elterntiere keinerlei Rücksicht nehmen.
Ein Mehr an Würfen/Welpen führt nicht automatisch dazu, den Genpool zu erhalten oder zu erweitern. Für einen verantwortungsvollen Züchter steht die Gesundheit der Welpen und der Erhalt einer möglichst breiten Zuchtbasis als oberstes Zuchtziel.
Ich kann nur jeden, der einen Großspitz möchte, bitten, seien Sie kritisch, informieren Sie sich und fragen Sie nach! Wie hoch ist die Inzucht der Welpen? Welche Gedanken hat sich der Züchter bei der Verpaarung gemacht?
Es gibt immer Vor- und Nachteile bei einer Verpaarung und ein guter Züchter wird gerne Auskunft darüber geben, warum er welche Verpaarung gewählt hat. Auch der Vater ist ein wichtiger „Bestandteil“ des Wurfs, welche Infos bekommen Sie über ihn?
Eine gute Möglichkeit, sich zu informieren, bietet die Datenbank für Deutsche Spitze, dort ist vieles erklärt und farblich dargestellt:
https://www.spitzdatenbank.de/db/showpage.php?seite=ik
Bitte zum Wohl der Rasse, seien Sie als Welpeninteressent kritisch, denn auch Sie können einen Teil dazu beitragen, die Zucht in vernünftige Bahnen zu lenken. Fragen Sie nach, ein verantwortungsvoller Züchter wird es Ihnen nicht übel nehmen.

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Im Folgenden möchte ich noch auf einen hochinteressanten Artikel des Genetikers Hellmuth Wachtel verweisen, der wie kein anderer auf die Gefahren der genetischen Verarmung hinweist, wie sie natürlich auch in so kleinen Populationen wie dem Deutschen Spitz auftritt, und wie man dem züchterisch entgegenwirken könnte. Daher verfolge ich auch, neben der Zucht von reinrassigen Spitzen, ein  Auszuchtprojekt für den Deutschen Spitz, um den Genpool der Rasse etwas aufzufüllen und die genetische Variabilität zu erhöhen.

H. Wachtel: Biohund – Ein Plädoyer

Wer sich noch eingehender mit den diversen Themen in der Hundezucht beschäftigen möchte, der findet bei der Genetikerin und Kynologin Irene Sommerfeld-Stur eine Fülle an Informationen: Bemerkungen zur Hundezucht